Teletext mit Sophora

Oldschool-Technologie trifft auf moderne Software-Entwicklung.

Teletext mit Sophora
Teletext mit Sophora (Bild: subshell/CC BY)

Wenn man sich abends auf ein Bier mit Freunden trifft und die einen fragen, was man denn gerade so macht bei der Arbeit, dann war meine Antwort bis vor Kurzem: „Teletext“.

„Was? Das ist doch diese Fernseh-Technologie aus dem letzten Jahrtausend?“ kam dann oft ungläubig zurück. Und zugegeben, Teletext (in Deutschland auch Videotext genannt) klingt erst mal nicht wirklich spannend.

Und überhaupt: Benutzt das noch jemand in Zeiten von Internet, Smartphone und -TV?

Und ob! Tatsächlich nimmt die Nutzung des Teletexts zwar von Jahr zu Jahr ab, aber der Rückgang der Nutzerzahlen ist geringer als man denkt. Im Jahr 2016 nutzten immerhin noch über 10 Millionen Menschen täglich den Teletext.

Das ist eine Größenordnung, die Fernsehsender nicht ignorieren können. Entsprechend wichtig ist ein modernes Redaktions- und Content-Management-System, das neben Webcontent auch Teletext-Inhalte produzieren kann.

Teletext als Technologie

Teletext als Technologie wirkt in der heutigen Welt wie ein Relikt.

Da beim analogen Fernsehen alle Teletext-Daten in die ziemlich kleine Austastlücke zwischen zwei übertragenen Halbbildern passen mussten, ist die Übertragung auf Datensparsamkeit getrimmt.

Das wirkt sich auch auf die Gestaltung der Logos aus. Das ARDText-Logo mit den Klötzchen besteht deshalb eigentlich aus Buchstaben. Damit diese auf dem Fernseher zu bunten Klötzchen werden, wird dem Teletext-Decoder im Fernseher am Anfang der Zeile mit speziellen Steuerzeichen gesagt: „Schalte bitte in den Grafikmodus, dann wechsle auf Farbe Weiß und Hintergrundfarbe Blau.“

Da in jeder Zeile aber immer exakt 40 Zeichen enthalten sind, sind jetzt schon mal drei Zeichen am Anfang der Zeile verbraucht. Das ist der Grund, warum fast alle Teletextseiten nicht ganz links anfangen: Man will oft erst Vorder- und Hintergrundfarbe setzen, und diese Umschalt-Steuerzeichen sehen dann später aus wie Leerzeichen. Deswegen kann man auch nicht innerhalb eines Wortes die Farbe wechseln.

Teletext und moderne Software-Entwicklung

Kern der von uns entwickelten Teletext-Software ist das automatisierte Erzeugen von Teletext-Seiten. Dabei setzen wir – trotz des altertümlichen Ausspielwegs – auf moderne Softwareentwicklung.

So basiert unser Tool auf verschiedenen Bibliotheken der Spring-Welt. Spring Boot hilft uns, den Konfigurationsaufwand gering zu halten. Wir benutzen Spring Data, um die Dokumente aus der Datenbank unseres Redaktionssystems automatisch in Instanzen von Java-Model-Klassen („Entities“) zu konvertieren.

Mit Lombok halten wir diese Model-Klassen schön kompakt und verständlich. Und natürlich benutzen wir Code-Analyse-Werkzeuge (SonarQube), um eine hohe Code-Qualität sicherzustellen.

Das Werkzeug und seine benutzten Dienste laufen in Docker-Containern, die man schnell und einfach provisionieren kann, beispielsweise zum Aufsetzen einer Testumgebung. Dies hilft uns auch, im Sinne der agilen Softwareentwicklung ständig den aktuellen Stand der Software zu unseren Kunden zu bringen.

Teletext-Content-Management mit Sophora

Ein Beispiel für die Effizienz unserer Sophora-Teletext-Software: Die wichtigen Seitennummernverweise (also z.B. die Seitennummern auf einer Nachrichtenübersicht) müssen in anderen Teletext-Systemen per Hand gepflegt werden. Das ist aufwändig und eine ständige Fehlerquelle. Unsere Software automatisiert das vollständig und aktualisiert bei Änderungen an Seitennummern automatisch alle betroffenen anderen Seiten.

Eine besondere Herausforderung war das Design einer API, mit der Fernsehsender das Aussehen ihrer Teletextseiten individualisieren können, ohne sich um die damit verbundenen technischen Details wie das Erzeugen und Aktualisieren der Teletextdaten kümmern zu müssen.

Experimente mit Raspberry Pi und Teletext

Tatsächlich macht es viel Spaß, mit so einer Oldschool-Technologie herumzuexperimentieren.

So haben wir einen Raspberry Pi in eine Teletext-Maschine verwandelt, der einen angeschlossenen Fernseher mit Teletext versorgen kann. Die Kamera des Raspis filmt und konvertiert das Livebild dann in Teletext-Grafiken, die auf dem Fernseher angezeigt werden.

Zusammenfassung

Zusammenfassend haben wir im Teletext-Projekt erfolgreich neue und spannende Software-Technologien und -Frameworks eingesetzt und damit den technisch veralteten, aber immer noch oft genutzten Teletext für Fernsehredaktionen intuitiv und einfach bedienbar gemacht.

Ihr ahnt es vielleicht – das Projekt Teletext ist inzwischen abgeschlossen. Und ja, beim Bier mit Freunden muss ich mir zukünftig eine andere Antwort einfallen lassen. Vielleicht „Stenografie“?

Übrigens: Der NDR Text feiert in diesem Jahr 30. Geburtstag!

Jan  Rieke
Jan Rieke
11.10.18
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